A Sermon preached ine German on Lent
II, March 17, at the Old Catholic Friedenskirche
(Genesis 15:1-12, 17-18), Philippians 3:17-4:1, Luke 13:31-35
English summary follows - see end of text
Paulus klingt mal wieder recht vorwurfsvoll. Wir hören von den "Feinden
des Kreuzes Christi." (Philipper 3:18) Wer sind sie? Viel zu häufig in unsere
Geschichte haben wir Christen Juden, später auch Muslime als Feinde des Kreuzes
bezeichnet, und aufgrund dessen leider auch verfolgt und manchmal umgebracht. Wir
befinden uns gerade in der Mitte der UN-Wochen gegen Rassismus. Seit einigen
Jahren nutzen auch Religionsgemeinschaften diese Tage, um Zeichen für ein friedliches
Miteinander zu setzen. Heute findet auch die zentrale christliche Feier, in
einer evangelischen Gemeinde im Hessischen Seeheim statt. Im Aufruf dazu steht
u.a.:
„Hass breitet sich im heutigen Deutschland
wieder aus und belastet das Miteinander. Im Jahr 2017 gab es in Deutschland über
2.000 Angriffe auf Flüchtlinge sowie etwa 1.500 antisemitisch und 1.000
antimuslimisch motivierte Anschläge. Rassistische, nationalistische und
europafeindliche Einstellungen werden Einfluss auf die Europawahlen im Mai 2019
haben. Der Frieden in Europa ist dadurch gefährdet. Unsere Gesellschaft muss
aufwachen und solchen Entwicklungen entgegentreten. Sie widersprechen
grundlegenden Überzeugungen unserer Religionen, die sich für die Würde von
Menschen aussprechen.“[1]
Wenn der Begriff „Feinde des Kreuzes“ verwendet
wurde – oder noch wird – um die Angehörigen anderer Religionen zu diffamieren, dann
ist es sowohl falsch als auch gefährlich. Paulus wollte nicht alle Juden angreifen,
schließlich war er selbst Jude, sondern nur diejenigen Judenchristen, die lehrten,
man müsse quasi Jude werden, und allen rituellen Vorschriften einhalten, um
Christ zu sein. Wenn er ihnen vorwirft, „ihr Gott sei der Bauch,“ zielt er damit
auf die Speisevorschriften und mit dem Hinweis, „ihre Ehre besteht in der Schande“
auf die Beschneidung. (Philipper 3:19) Beide Praktiken waren für ihn nicht per
se schlecht, nur nicht zwingend und universell notwendig.
Auch mancher Satz aus dem Lukasevangelium mag beim
ersten Hinhören sehr vorwurfsvoll klingen: „Jerusalem, Jerusalem, du tötest die
Propheten“ oder „ihr habt (mich) nicht gewollt.“ (Lukas 13.34) Tatsächlich wird
Jesus in diesem Moment von einer gewissen Trauer heimgesucht. Diese Reise nach
Jerusalem wird seine letzte. Seine Motivation ist Liebe, Mutterliebe könnten wir
sagen: „Wie oft wollte ich deine Kinder sammeln, so wie eine Henne ihre Küken
unter ihre Flügel nimmt.“ (Lukas 13) Jerusalems Schicksal kennend, die nach
einer Revolte in wenigen Jahren bevorstehende Zerstörung durch die Römer, ist
er einfach tieftraurig darüber, dass die jüdische Führungselite nicht den Weg
der Liebe, sondern des Hasses und der Gewalt wählen wird, mit tragischen Konsequenzen
für das Volk. Vor dieser Wahl stehen nicht nur die Mächtigen immer wieder,
welchen Weg wählen wir?
Beim 2. Vatikanischen Konzil, im bahnbrechenden
Dokument Nostra Aetate,[2] die
„Erklärung über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen,“
hat die römisch-katholische Kirche u.a. festgehalten, dass „die Juden (auch) nach
dem Zeugnis der Apostel immer noch von Gott geliebt (sind) um der Väter willen;
sind doch seine Gnadengaben und seine Berufung unwiderruflich.“ Außerdem, „im Bewusstsein
des Erbes, das sie mit den Juden gemeinsam hat,“ verwirft die Kirche „alle
Haßausbrüche, Verfolgungen und Manifestationen des Antisemitismus.“ Ãœber den
Islam lesen wir dort, „mit Hochachtung betrachtet die Kirche auch die Muslime,
die den alleinigen Gott anbeten, den lebendigen und in sich seienden,
barmherzigen und allmächtigen, den Schöpfer Himmels und der Erde, der zu den
Menschen gesprochen hat.“ Diese Aussagen tragen nicht nur die
römisch-katholische Kirche mit, wir auch.
Gegen Ende des Dokumentes steht, dass es „die
Aufgabe der Predigt der Kirche (sei), das Kreuz Christi als Zeichen der
universalen Liebe Gottes …. zu verkünden.“ Und auch „deshalb verwirft die
Kirche jede Diskriminierung eines Menschen oder jeden Gewaltakt gegen ihn um
seiner Rasse oder Farbe, seines Standes oder seiner Religion willen, weil dies
dem Geist Christi widerspricht.“ Besonders Rassismus in allen Formen ist eine
Sünde. Die wahren Feinde des Kreuzes Christi sind alle, die Hass, Abgrenzung, und
Diskriminierung lehren und säen.
Der richtige Kontext ist auch wichtig im Zusammenhang
mit einem anderen von Paulus verwendeten Begriff. Ich möchte mich weder mit der
Deutschen Bischofskonferenz noch mit der EKD anlegen, aber die von ihnen herausgegebenen
Übersetzungen, also sowohl die neue Einheitsübersetzung als auch die neue Lutherbibel,
sind in einem Punkt nicht ganz richtig. Laut Einheitsübersetzung hätte Paulus
geschrieben: „Unsere Heimat ist im Himmel.“ Auch die Lutherübersetzung ist mit „Wir
aber sind Bürger im Himmel“ nicht viel besser. (Philipper 3:20) Nein, wir sind
Burger des Himmels, aber hier und jetzt – nicht erst später, nicht erst nach
dem Tode.
Zum Kontext gehört, dass Paulus an die Christen
in Philippi schrieb, einer römischen Kolonie. Im Jahr 42 vor Christi gründete Marcus
Antonius dort eine Kolonie und siedelte Veteranen an. Dort dominierten die römische
Lebensart und Kultur, man sprach sogar von einem Rom im Kleinformat. Die meisten
Bewohner dieser Stadt in Mazedonien waren Bürger von Rom, aber in der Fremde.
Sie verstanden es als ihre Aufgabe dort so zu leben, als ob sie in Rom wären.
Sie werden also den Hinweis von Paulus auch so verstanden haben, dass es ihre
Aufgabe sei, im hier und jetzt so zu leben als ob man eine Kolonie des Himmels wäre:
nach „himmlischen“ Maßstäben. Nichts anderes sagen wir auch, wenn wir das Vaterunser
beten:
„Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im
Himmel so auf Erden.“
Nur von dort und nur von Gott, nicht von Rom,
nicht aus Jerusalem, von keiner Hauptstadt, und von keinem irdischen Herrn oder
Herrscher, kommt unser Herr und Retter, Jesus Christus.
Wie können wir leben als Bürger des Himmels? Paulus
fordert die Philipper auf, „Ahmt auch ihr mich nach, Brüder und Schwestern, und
achtet auf jene, die nach dem Vorbild leben, das ihr an uns habt!“ (Philipper 3:17)
Paulus verzichtet auf Privilegien, er predigt die Gleichheit aller Menschen vor
Gott, er setzt sich unermüdlich für das Evangelium als Weg der Liebe ein, er
verkündet das Kreuz Christi nicht als Zeichen der Abgrenzung, sondern als
Zeichen der allumfassenden und unendlichen Liebe Gottes. In dem Sinne kann man
von ihm auf jeden Fall sagen, „Gepriesen sei er, der kommt im Namen des Herrn!“
(Lukas 13:35) Ich hoffe von uns auch. Amen.
***********************************************************
English Summary
Paul sounds once again
quite reproachful, referring to “the enemies of the cross of Christ.”
(Philippians 3:18) Who are they? Too often in our history, Christians have
called Jews, and later also Muslims, enemies of the cross, resulting in
persecution and even killings. We are in the middle of the “UN weeks against
racism.” For some years, religious communities have been using these days to
set signs for peaceful coexistence. From the invitation to participate in these
events:
"Hatred is
spreading in Germany again today … In 2017 there were more than 2,000 attacks
on refugees in Germany as well as around 1,500 anti-Semitic and 1,000
anti-Muslim incidents. Racist, nationalist and anti-EU attitudes will influence
the European elections in May 2019. Peace in Europe is at risk. Our society
needs to wake up and confront such developments. They contradict the
fundamental beliefs of our religions that speak out for the dignity of all
human beings. "
When the term
"enemies of the cross" has been or used to defame the members of
other religions, then it is both wrong and dangerous. Paul did not want to
attack all the Jews, after all he was a Jew, but only those Jewish Christians
who taught that one had to become a Jew and follow all the ritual rules to be a
Christian. With "their god is the belly," he is aiming at the dietary
rules and with "their glory is in their shame" at circumcision.
(Philippians 3:19) Both practices were not per se bad: but neither mandatory
nor universally necessary.
Some sentences from
the Gospel of Luke also sound very reproachful: " Jerusalem, Jerusalem,
the city that kills the prophets," or "you were not willing."
(Luke 13:34) In fact, Jesus is moved by grief and sadness. This trip to
Jerusalem will be his last. His motivation is love, motherly love: " How
often have I desired to gather your children together as a hen gathers her
brood under her wings." (Luke 13) Knowing Jerusalem's fate, its impending
destruction by the Romans, he is simply saddened that the Jewish leadership
will choose not the path of love, but one of hatred and violence, with tragic
consequences for the people. This is a choice we continue to be confronted
with: which path do we choose?
At the Second Vatican
Council, in the ground-breaking document Nostra Aetate, the "Declaration
on the relation of the Church to the non-Christian religions," the Roman
Catholic Church has, among other things, stated that " God holds the Jews
most dear for the sake of their Fathers; He does not repent of the gifts He
makes or of the calls He issues. And, " mindful of the patrimony she shares
with the Jews, "the Church" decries hatred, persecutions, displays of
anti-Semitism, directed against Jews at any time and by anyone.” About Islam we
read “The Church regards with esteem also the Moslems. They adore the one God,
living and subsisting in Himself; merciful and all-powerful, the Creator of
heaven and earth, who has spoken to the people.” These statements apply not
just to the Roman Catholic Church, but to us too.
The authors finish by
stating that it is "the burden of the Church's preaching to proclaim the
cross of Christ as the sign of God's all-embracing love.... "And that “The
Church reproves, as foreign to the mind of Christ, any discrimination against
men or harassment of them because of their race, color, condition of life, or
religion." Racism in all forms is a sin. The true enemies of the cross of
Christ are all those who teach and sow hatred, division, separation, and
discrimination.
Proper context is also
important in understanding another term used by Paul. In some translations: "Our home is in heaven" or "We
are citizens in heaven. No, we are citizens of heaven (Phil. 3:20): here and
now, not later, not in the next life.
Paul was writing to
Christians in Philippi, a Roman colony. Marcus Antonius founded a colony there
in 42 BC and settled veterans. The Roman way of life and culture dominated,
some spoke of a miniature Rome. Most inhabitants of this city in Macedonia were
citizens of Rome, but in a foreign place. They understood as their task to live
there as if they were in Rome, and that is how they will have understood Paul's
remark. That it is their task as Christians to live here and now as if they
were a colony of heaven: by "heavenly" standards. We say the same
thing in the Lord's Prayer:
"Thy kingdom
come. Thy will be done on earth, as it is in heaven."
This where we expect a
Savior, the Lord Jesus Christ to come from. From God, not from Rome, not from
Jerusalem, or from any other capital, or from any earthly lord or ruler.
How can we live as
citizens of heaven? Paul invites the Philippians to "join in imitating me,
and observe those who live according to the example you have in us.”
(Philippians 3:17) Paul renounced all privileges, preached equality of all people
before God, worked tirelessly for the Gospel as the way of love, proclaimed the
cross of Christ not as a sign of division and difference, but as a sign of the
all-embracing and infinite love of God. There is no questions that the phrase
“Blessed is the one who comes in the name of the Lord” applies to him. I hope it applies to us too. Amen.
[1] Aus „Würde statt Hass: Religionen
laden ein.“ Hg.: Stiftung für die Internationalen Wochen gegen Rassismus und
Abrahamisches Forum in Deutschland
[2] http://www.vatican.va/archive/hist_councils/ii_vatican_council/documents/vat-ii_decl_19651028_nostra-aetate_ge.html
No comments:
Post a Comment